So überwinden Sie Schreibblockaden.

Leeres Blatt
Keine Angst vor dem weissen Blatt. Wege aus der Schreibblockade.

Egal, ob Sie Profischreiberin oder Hobbyautor sind, ob Sie studieren oder bloggen, ob Sie beruflich oder künstlerisch schreiben – es kann auch Sie treffen: Nichts geht mehr und die Worte stecken irgendwo fest im Hirn. Schreibblockade! Dieser Stau kann viele Ursachen haben und es ist sinnvoll, diesen auf den Grund zu gehen. Je besser Sie den Schreibprozess verstehen, Ihr persönliches Schreibverhalten kennen und wissen, was für ein Schreibtyp Sie sind, umso schneller können Sie Schreibstaus lösen.
Hier sind 7 Nothelfer-Tipps:

1. Zerschreiben Sie die Blockade

Ja: Schreiben Sie über Ihre Blockade. Ärgern Sie sich wortstark über Ihren Schreibstau. Schreiben Sie, dass nichts geht und stellen Sie Vermutungen an, warum das so sein könnte. Beschreiben Sie, wie sich das anfühlt, wenn einem nichts einfällt. Wie kalt das weisse Blatt sie herausfordert, wie Sie das Blinken das Cursors am Bildschirm nervt. Lassen Sie sich aus und fluchen, klagen, spotten Sie ohne Punkt und Komma über diese unsägliche Situation: Sie wollen schreiben, und es geht einfach nicht. Reagieren Sie sich ab, lassen Sie Ihren ganzen Frust auf dieses scheinheilig weisse Blatt los, hauen Sie in die Tasten, dass es kracht. Bald werden Sie ruhiger und; merken Sie etwas? Sie schreiben. Immerhin! Und manchmal finden Sie dabei plötzlich zu Ihrem eigenen Text. Oder der Text findet Sie; jetzt, wo Sie schon mal am Schreiben sind.

2. Schreiben Sie nicht schön, sondern voran

Pfeifen Sie auf Ihren Auftraggeber. Vergessen Sie die Leser und Leserinnen Ihres Textes. Viele Schreibende fürchten sich vor dem Veröffentlichen, vor dem kritischen Urteil der Chefin, vor der Meinung anderer. Ja. Es ist oft der eigene (zu) hohe Anspruch an Perfektion, der unser Denken verkrampft und den Schreibfluss blockiert. Die meisten Schreibenden – vor allem unerfahrene – erleiden ihre Schreibblockade beim Rohtexten. Warum? – Weil sie nicht wahrhaben wollen, dass sie nur rohtexten. Sie wollen gleich den perfekt gesetzten Satz, Worte für die Ewigkeit, als wären sie von den Musen aufs Blatt geküsst. Vergessen Sie auch das! Ohne harte Überarbeitung ist ein Text fast immer zu schwach für die Veröffentlichung. Schreiben Sie voran, lesen Sie nicht zurück. Suchen Sie nicht nach den richtigen Worten. Nicht jetzt! Schreiben Sie einfach alles auf, egal wie läppisch es ihnen vorkommt. Sie überarbeiten später. Orthographie, Stil, Wortwitz, schlüssige Argumente, Dramaturgie, Logik – das alles ist jetzt so was von egal. Haben Sie den Mut, Abfall zu produzieren. Jetzt geht es nur darum, in den Schreibfluss zu kommen.

3. Mut zur Lücke

Natürlich: Wenn Sie zu wenig über Ihr Thema wissen, wird es schwierig, ins Schreiben zu kommen. Doch sie können sich auch im Recherchieren verlieren. Wenn Sie nach jedem Satz überlegen, ob die Aussage wasserdicht ist und das gleich überprüfen wollen; wenn Ihnen beim Schreiben ein passendes Zitat einfällt, aber Sie nicht mehr sicher sind, von wem es stammt und danach googeln: So werden Sie immer wieder stecken bleiben, im Schreibfluss gestört und nicht vom Fleck kommen. Haben Sie den Mut zur Lücke. Schreiben Sie weiter. Setzen Sie ein Zeichen, das Ihnen beim Überarbeiten zeigt, dass da noch was fehlt, dass diese Quelle noch verifiziert werden soll. Kommentieren Sie Ihr Schreiben; vermerken Sie: «Formulierung schwach», wenn Sie beim Rohtexten unzufrieden sind. Aber halten Sie sich nicht damit auf, nach dem richtigen Wort zu suchen. Die Feinarbeit kommt später. Sie können beim Überarbeiten an Stil und Wortwitz feilen und die Lücken füllen. Der Rohtext muss nicht fertig sein. Er kann nicht, sonst wäre er kein Rohtext mehr.

4. Wenn nichts mehr geht – gehen Sie.

Schreiben ist ein bequemer Beruf, meistens sitzt man und bewegt sich kaum. Es hüpfen zwar die Finger über die Tastatur oder kreist die Hand schreibend übers Blatt. Der Rest des Körpers aber ruht auf dem Stuhl, mehr oder weniger verkrampft. Wenn nichts mehr geht, stehen Sie auf. Gehen Sie spazieren und wenn es nur zur Kaffeemaschine ist. So mancher Gedanke nimmt wieder Fahrt auf, wenn wir uns bewegen. Manchmal lohnt es sich, etwas ganz anderes zu tun. Geben Sie den Blumen Wasser, bügeln Sie die Wäsche, schwingen Sie sich aufs Velo und drehen Sie ein paar Runden oder flanieren Sie durch den Park. Und vergessen Sie Ihr Notizbuch nicht, um neue Ideen immer und überall aufschreiben zu können. Denn sie kommen oft unverhofft. Man muss bereit sein, Geistesblitze einzufangen und aufzuzeichnen, sonst sind manchmal auch die hellsten plötzlich wieder weg und vergessen. Und weil es umständlich ist, im Wald ins Büchlein zu notieren, nutzen Sie doch Ihr Smartphone als Diktiergerät und vertrauen Sie ihm Ihre Ideen an. Sie werden sehen; nach einer halben Stunde bewegter Pause – idealerweise an der frischen Luft – schreibt es sich viel leichter. Konzentriert zu arbeiten ist das eine, zur rechten Zeit eine Pause einzulegen das andere. Die richtige Mischung macht’s aus.

5. Schaffen Sie sich Ihre Schreib-Oase

Schreiben ist oft mühsam und richtige Schwerstarbeit. Darum ist es wichtig, dass Sie sich eine Schreibumgebung schaffen, die so angenehm wie möglich ist. Der richtige Ort zum Schreiben ist nicht unbedingt der Ort, wo Sie analysieren, planen oder Ihre Telefonate und E-Mails abarbeiten. Oft fehlt Ihnen dort auch die nötige Ruhe. Suchen Sie sich Ihren Lieblingsplatz zum Schreiben. Das muss nicht Ihr Schreibtisch sein. Packen Sie Ihren Laptop und gehen Sie hinaus in den Park, in ein Café. Vielleicht gibt es ein freies Sitzungszimmer im Geschäft, wo dieses Bild hängt, das Ihnen so gefällt. Eine Umgebung, in der wir uns wohl fühlen, hat nachweisbar eine positive Wirkung auf unsere Kreativität. Nun gut; wer beruflich schreiben muss, kann vielleicht nicht einfach zwei, drei Stunden lang an den See verschwinden, um eine Arbeit zu schreiben. Dann sorgen Sie wenigstens dafür, dass Sie nicht dauernd gestört werden. Türe zu, gehen Sie offline, leiten Sie Ihr Telefon um. Anregung ist zwar gut fürs Schreiben, doch die ständige Ablenkung durch Ihre Kolleginnen und Kollegen, Telefon, E-Mail, SMS und WhatsApp-Statusmeldungen eher nicht. Ziehen Sie sich für eine gewisse Zeit zurück. Finden Sie heraus, welche Tageszeit die beste für Sie sie, um zu schreiben. Dann planen Sie Ihren Alltag entsprechend. Ihre Schreib-Oase kann ein spezieller Ort sein, sie kann aber auch ein Zeitfenster sein, das Sie sich freihalten, um ungestört zu bleiben.

6. Wenn Sie gar nicht mehr weiterkommen – legen Sie einen Sprint hin

Schreibsprints basieren auf dem Konzept des assoziativen Schreibens: Sie schreiben einfach drauflos, ohne Zensur, möglichst schnell und ohne abzusetzen. Jeder Sprint ist zeitlich begrenzt und eher kurz: 3, 5, maximal 10 Minuten lang. Schreiben Sie frei, alles was in den Sinn kommt. Sie erstellen eine Momentaufnahme Ihrer Gedanken und Gefühle. Das ist ideal, wenn Sie sich nicht auf Ihr Thema konzentrieren können. Durch das Aufschreiben Ihrer Gedanken können Sie sie loslassen. Weil sie aufgeschrieben sind, können Sie sie für den Moment vergessen und sich – wenn nötig – später damit befassen. Aber Sie kriegen den Kopf frei fürs Schreiben. Der Schreibsprint eignet sich auch, um ins Schreiben zu kommen, um sich aufzuwärmen, gleich wie vor dem Jogging.

Natürlich können Sie auch auf Ihr Thema fokussiert einen Schreibsprint hinlegen: Schreiben Sie alles auf, was Ihnen zum Thema einfällt: Rufen Sie ab, was Sie schon wissen und notieren Sie Fragen, Überlegungen, Thesen, Einwände – alles ist es Wert, aufgeschrieben zu werden. Am Schluss werten Sie Ihren Spontantext aus, markieren für sich wichtige Textpassagen und schreiben die Quintessenz darunter. Vielleicht ist es auch eine neue Frage, die sich stellt oder eine neue Erkenntnis, die sich herauskristallisiert. Darüber können Sie erneut einen sogenannten Fokussprint* starten und so immer weiter und tiefer in Ihr Thema vordringen. Vor allem aber: Sie schreiben. Betrachten Sie es als Lockerungsübung, mit der Sie die Schreibblockade lösen und – fast nebenbei – neue Ideen sammeln.


* Ulrike Scheuermann unterscheidet Schreibsprints in ihrem Methodenkoffer zum «Schreibdenken» in Gedanken-, Fokus- oder Seriensprints bzw. Wortsprints» Siehe: «Schreibdenken. Schreiben als Denk- und Lernwerkzeug nutzen und vermitteln» © 2013 Verlag Barbara Budrich, Opladen & Toronto, ISBN 978-3-8252-4052-3

So geht Schreibdenken:
Hier finden Sie Impressionen aus dem Schreibdenken-Workshop.


7. Hören Sie auf zu schreiben

Auch eine Lösung. Wenn Sie Zeit haben, lassen Sie Ihren Text liegen. Schlafen Sie darüber. Vertrauen Sie darauf: Ihr Hirn arbeitet im Hintergrund weiter. Und am anderen Morgen lesen Sie nicht zuerst Ihre Mails, erledigen kein Telefongespräch, sondern wenden Sie sich direkt Ihrem Thema zu. Vielleicht fangen Sie mit einem Schreibsprint an (siehe Punkt 6), vielleicht können Sie sogleich fortfahren, wo sie gestern aufgehört haben. Mir ist es schon oft passiert, dass ich nach so einer Pause den Text innerhalb von wenigen Minuten fertigstellte oder doch entscheidend voranschreiben konnte.

Okay; nicht immer hat man die Zeit, eine Nacht verstreichen zu lassen. Trotzdem: Hören Sie auf zu schreiben. Wenn Sie komplett verkrampft sind und nicht mehr weiterschreiben können, nehmen Sie ein Blatt Papier und zeichnen Sie. Ja! Auch wenn Sie glauben, gar nicht zeichnen zu können: Kritzeln Sie vor sich her, wie man es manchmal am Telefon tut. Skizzieren Sie Ideen, zeichnen Sie in einfachen Linien und Formen. Das müssen keine Meisterwerke sein. Versuchen Sie, Ihre Gedanken bildhaft darzustellen. Verwenden Sie Farbstifte. Ergänzen Sie die Zeichnungen mit Begriffen, verbinden Sie einzelne Darstellungen, die zusammengehören. Nach einer halben Stunde betrachten Sie Ihr Werk: Was auf den ersten Blick wie kindisches Gekritzel aussehen mag, kann sich bei längerem Hinschauen und Analysieren als wertvolles Mindmap erweisen – vielleicht sind spielerisch Clusters entstanden, eine Gedankenskizze. Und wenn Sie auf Anhieb nichts Brauchbares erkennen, so haben Sie sich doch eine halbe Stunde etwas entspannt. Und werfen Sie ja das Blatt nicht weg! Schauen Sie unbedingt später nochmals darauf, vielleicht auch erst nach ein paar Tagen. Manches, was das «innere Kind» spontan aufs Papier bringt, erschliesst sich dem erwachsenen Verstand nämlich erst später.

Schutz vor der Schreibblockade

Halten Sie den Schreibprozess ein und versuchen Sie vor allem nicht, beim Rohtexten perfekt zu sein. Hier entstehen die meisten Schreibblockaden. Rechnen Sie genügend Zeit zum Überarbeiten ein, dann sind Sie lockerer beim Rohtexten. Führen Sie ein Notizbuch und zeichnen Sie spontane Ideen auf. Vor allem, wenn Sie an einem grösseren Projekt arbeiten, werden Ihnen Notizen gute Dienste erweisen. Manchmal hilft es gerade auch bei Schreibblockaden, in den Notizen zu blättern und sich von ihnen inspirieren zu lassen.

Vor allem jedoch: Schreiben Sie regelmässig. Nehmen Sie sich nicht zu viel vor, aber schreiben Sie jeden Tag ein paar Minuten. James Joyce nahm sich vor, jeden Tag 2 perfekte Sätze zu schreiben. Er schaffte meistens mehr, doch das tief gesetzte Ziel senkte die Hemmschwelle, anzufangen, bot viele Erfolgserlebnisse, wenn er sie übertraf und war an schlechten Tagen doch noch relativ leicht zu erreichen. Manchmal muss man sich ein wenig überlisten …

Vor allem die Schreibsprints möchte ich Ihnen sehr ans Herz legen. Integrieren Sie diese kleinen Schreibeinheiten in Ihren Alltag: Sie fördern damit Ihre Schreibkompetenz, erfahren manchmal Überraschendes über sich selber und Sie erkennen, dass Sie eigentlich immer über alles schreiben können. Vielleicht nicht auf Anhieb so gut, dass Sie es veröffentlichen können, aber doch so wertvoll, dass Sie damit weiterarbeiten können.

In diesem Sinne: Viel Freude am Schreiben.

Welche Erfahrungen haben Sie mit Schreibstaus gemacht? Wie gehen Sie damit um? Schreiben Sie hier Ihre Tipps und Tricks gegen Schreibblockaden.

2 Kommentare

    1. Vielen Dank für den Hinweis, Stefan Scherrer. Von einem Texterkollegen immer gerne.
      Eine gute Vorbereitung ist tatsächlich entscheidend im Schreibprozess. In meinen Schreibcoachings stelle ich zudem immer wieder fest, dass die meisten Schreibblockaden in der Rohtextphase entstehen. Gerade eher unerfahrene Schreiber und Schreiberinnen wollen hier zu viel, nämlich den bereits perfekten Text. So feilen sie bereits an einzelnen Formulierungen, lesen immer wieder zurück, korrigieren und zweifeln immer wieder an der Qualität ihres Textes. Das bringt sie aus dem Schreibfluss – und kann zu einem ausgewachsenen Schreibstau führen.
      Daher ist ein guter Weg: Gute Vorbereitung, möglichst locker rohtexten, überarbeiten, überarbeiten, überarbeiten.
      Einverstanden?

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